Im ursprünglichen Normentext findet sich hinsichtlich des Messzeitpunktes die gewohnte Formulierung, die auf den fertigen Zustand des Gebäudes hindeutet. Im nationalen Anhang NA hingegen wird darauf hingewiesen, dass es bei der Messung sinnvoll ist, wenn die eigentliche Luftdichtungsschicht noch zugänglich ist, um eventuell Nachbesserungen durchzuführen.
Konkretes Beispiel: die Gipskartonebene im Dachgeschoß muss noch nicht montiert sein. Wenn man sich allerdings vergegenwärtigt, wie oft gerade die Folien der Luftdichtungsschicht bei der Montage der Ausbauplatten beschädigt werden, ist dieser Zeitpunkt wenig sinnvoll. Von nachfolgenden Elektro-, Sanitär- und Lüftungsinstallationen ganz zu schweigen. Laut Norm soll die Luftdichtungsebene fertiggestellt sein, ebenso alle Durchdringungen. An anderer Stelle lässt sie jedoch zu, dass bestimmte technische Einrichtungen noch nicht eingebaut sind.
Häufig werden kurz vor der Messung noch schnell die letzten Anschlüsse der Folien fertiggestellt. Sogar die Norm weist auf die Abbindezeiten von Klebemitteln hin, ebenso auf das Versagen bei fehlender Lattung.
All das wird zu vielen Diskussionen im Vorfeld der Messung und vor Ort führen, ob denn nun nach Norm gemessen werden kann oder nicht.
Hintergrund der Serie
In Deutschland bestehen hinsichtlich der Ausbildung keine Anforderungen an Blower-Door-Messungen. Bei näherem Hinsehen gibt es allerdings einiges zu beachten.
Die meisten Messungen finden derzeit noch auf Grundlage der Energieeinsparverordnung EnEV statt. Zum einen definiert sie Grenzwerte (siehe Infokasten 1 Grenzwerte), zum anderen fordert sie seit 2014 das Verfahren B der DIN EN 13829. Diese ist zwar offiziell zurückgezogen und durch ISO 9972 ersetzt, da sich die aktuelle EnEV aber auf sie bezieht, hat sie nach wie vor Gültigkeit. Das ändert sich voraussichtlich erst mit Einführung des Gebäudeenergiegesetzes GEG. Derzeit ist davon auszugehen, dass sich das GEG auf die im Dezember 2018 veröffentlichte Norm DIN EN ISO 9972:2018-12 beziehen wird, bei der sich durch die nationalen Anhänge einige entscheidende Änderungen zur ursprünglichen ISO 9972 ergeben.
Diese Artikelserie von Holger Merkel ist in ähnlicher Form als Fachartikel in der aktuellen April-/Mai-2020-Ausgabe von der bauschaden erschienen. Ein kostenloses Probeexemplar kann hier bestellt werden.
- Verfahren B der DIN EN 13829 (Teil 1)
- Die einzelnen Schritte der Messung (Teil 2)
- Der Prüfbericht nach Norm DIN EN 13829 (Teil 3)
- Grenzwerte EnEV (Teil 4)
- Blowerdoor-Messung bei großen Gebäuden (Teil 5)
- Kalibrierung der Messgeräte (Teil 6)
- Die neue Messnorm DIN EN ISO 9972 2018-12 (Teil 7)
- Messzeitpunkt ändert sich (Teil 8)
- Wesentliche Änderungen bei temporären Abdichtungen (Teil 9)
- Teilmessungen bei Mehrfamilienhäuser (Teil 10)
- Neu: Unter- und Überdruckmessung verpflichtend (Teil 11)
- Messung bei großen Gebäuden nach DIN EN ISO 9972 2018-12 (Teil 12)
- Regelung kleiner Räume ohne Luftverbund (Teil 13)
- Übergang von EnEV zu GEG (Teil 14)
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Autor der Artikelserie: Holger Merkel
Holger Merkel ist Blower-Door-Messdienstleister, Fachkraft für Differenzdruckmesstechnik (HwK) und Dozent. Mit seinem Team führt er mehr als 400 Messungen im Jahr durch. Er supportet auch andere Messteams mit seinem Wissen. Sein Know-How gibt er in Vorträgen, Seminaren und Blower-Door-Ausbildungen weiter. Zudem ist er Gastgeber des Podcasts von Luftdichtheit-geprüft.de
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