Blower-Door-Test bei Sanierung: Fehler in der Vorbereitung

Blower-Door-Praxiswissen für Bestandsgeäbude:
Worauf Energieberater:innen achten sollten

Fördergeld gibt’s nicht umsonst. Wer bei der Sanierung profitieren will, muss oft die Luftdichtheit nachweisen. Und genau da geht vieles schief – vor allem im Bestand.

Holger Merkel hat dazu mehrere Fachartikel geschrieben. Einer davon erscheint in der Ausgabe 08/09 2025 des „Sanierungsvorsprung“. Gute Nachricht für unsere Community: Die gelayoutete PDF-Version gibt’s nach Erscheinen hier im Blog, kostenfrei.

Ergänzend zu den harten Fakten greifen wir das Thema in Podcastfolge 58 auf. Darin geht es nicht nur um Normen, Grenzwerte und Messzeitpunkte, sondern auch um echte Büro- und Baustellenmomente, bei denen Pläne und Realität auseinanderklaffen. Wie immer mit Anekdoten, typischen Fehlern und Tipps – speziell für Energieberater:innen und Bauleiter:innen.

Was in diesem Artikel und dieser Podcastfolge mitnimmst

Du musst keine Norm auswendig lernen. Aber du weißt, worauf es bei Sanierungen wirklich ankommt:

• Wie n_L50 und q_E50 berechnet werden und welche Bezugsgrößen zählen
• Woran Blower-Door-Tests im Bestand oft scheitern
• Wann der richtige Messzeitpunkt ist
• Warum eine baubegleitende Leckagesuche oft entscheidend ist
• Wie Schutzdruck- und Stichprobenmessungen funktionieren
• Was Planung und Kommunikation im Vorfeld leisten können

Warum gerade bei Sanierungen so viel schiefläuft

Wir erleben es immer wieder: Der Blower-Door-Test wird angesetzt, obwohl das Gebäude noch gar nicht messbereit ist. Die luftdichte Ebene ist nur teilweise hergestellt, die Bodentreppe fehlt, das Türelement ist eine Baustellenlösung oder niemand weiß genau, welcher Grenzwert eigentlich eingehalten werden muss.

Gerade im Bestand ist kaum ein Projekt wie das andere. Da wurde angebaut, aufgestockt, getrennt und wieder zusammengeführt. Lüftungsanlagen sind eingebaut, aber nicht bilanziert. Und wenn der Blower-Door-Messdienstleister dann auf der Baustelle steht, beginnt oft das große Improvisieren.

Genau deshalb haben wir Folge 58 unseres Podcasts „Luftdichtheit geprüft“ dem Thema Blower-Door-Tests bei Sanierungen gewidmet, mit Anekdoten, Tipps und einer guten Portion Praxiswissen. Diese Podcastfolge gibt es hier auf unserem Blog als Audio. Zudem auf Spotify , Apple Podcast und als Video-Podcast auf Youtube. Außerdem gibt’s die gelayoutete Version des Fachartikels aus der August/September-Ausgabe des „SanierungsVorsprung“ in Kürze als kostenlosen PDF-Download für unsere Community.

Was das GEG vorschreibt – und was Förderprogramme daraus machen

Laut Gebäudeenergiegesetz (GEG) ist ein Blower-Door-Test vorgeschrieben, wenn die gemessene Luftwechselrate in die energetische Berechnung einfließt oder wenn eine Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung bilanziert wird. Gilt aber nur für Neubauten.

In der Sanierung sieht’s anders aus: Hier verlangt das GEG keine Messung, wohl aber viele Förderprogramme. Und die haben es in sich. Denn anders als beim GEG gibt es keine einheitlichen Vorgaben. Jedes Programm kann eigene Regeln aufstellen, welcher Grenzwert einzuhalten ist. Manche Programme fordern einen Beleg der erfolgreichen Messung, obwohl der Messwert keine Rolle spielt.

Was Energieberater:innen vor der Messung klären müssen

Energieberater:innen spielen eine Schlüsselrolle. Sie entscheiden schon in der Vorbereitung, ob die Messung reibungslos abläuft – oder ob sie später teuer wiederholt werden muss. Diese Fragen sollten vorab geklärt werden:

• Wird die Lüftungsanlage bilanziert oder nur eingebaut?
• Welche Norm gilt – DIN EN ISO 9972, DIN EN 13829 oder DIN 4108-7?
• Welcher Grenzwert muss erreicht werden?
• Welche Flächen und Volumenwerte zählen in die Berechnung?

Fehlt hier die Abstimmung, wird’s aufwendig. Denn dann heißt es: Nachbessern, neu rechnen – oder Förderung verlieren.

Hüllfläche oder beheiztes Volumen? Warum die Bezugsgröße entscheidend ist

Bei Gebäuden unter 1500 m³ Volumen zählt meist der n_L50-Wert – also die Netto-Luftwechselrate. Bei größeren Gebäuden greift der q_E50-Wert, bezogen auf die Hüllfläche. Klingt einfach, ist aber oft eine Fehlerquelle.
Was ist die Hüllfläche? Innenmaß oder Außenmaß? Gehören Treppenhäuser dazu? Ist der Spitzboden mitgedämmt oder nicht? Eine falsche Bezugsgröße kann den ganzen Test kippen.
Unser Tipp: Vorab klären, welche Bauteile in die berechnete Hülle gehören – und welche nicht. Wir haben dafür ein Erklärvideo und eine Checkliste, die wir gerne zur Verfügung stellen.

Typische Baustellenprobleme und wie wir damit umgehen

Der Klassiker: Alles ist bereit – sagt die Bauleitung. Vor Ort sieht’s anders aus. Das Türelement fehlt, die luftdichte Ebene ist nur halb fertig, Durchdringungen sind nicht verschlossen.
Unser Blower-Door-Messteam prüft dann:

• Lässt sich die Messung normgerecht durchführen?
• Macht eine Leckagesuche Sinn?
• Kann man dokumentiert von der Norm abweichen?

Je nach Situation messen wir trotzdem mit Einschränkungen. Oder wir raten zur Verschiebung. Für knifflige Fälle gibt’s unsere Vorab-Kurzberatung: telefonisch oder direkt auf der Baustelle.

Der richtige Messzeitpunkt: nicht zu früh, nicht zu spät

Die neue Norm erlaubt einen früheren Messzeitpunkt. In der Praxis bedeutet das aber oft: unvollständige Abdichtung, offene Durchdringungen, fehlende Anschlüsse. Ein Blower-Door-Test bringt dann wenig – oder muss mit Einschränkungen versehen werden.

Unser Rat: Erst messen, wenn die luftdichte Ebene steht. Dafür gibt’s einfache Checklisten – für jedes Gebäudekonzept. Wer früher Leckagen finden will, setzt auf eine baubegleitende Leckagesuche.

Warum baubegleitende Leckagesuche sinnvoll ist

Die Leckagesuche während der Bauphase hat klare Vorteile:

• Leckagen lassen sich noch beheben
• Die finale Messung wird zur Formsache
• Es gibt weniger Diskussionen mit Handwerkern oder Fördermittelgebern

Wir erzeugen Unter- oder Überdruck, prüfen mit Thermografie, Anemometer oder Nebel. Und finden Leckagen, die später nur aufwendig oder gar nicht geschlossen werden können. Beispielsweise weil die luftdichte Ebene schon mit Gipskartonplatten verkleidet und verputzt ist.

Wenn ein Gebäude mehr als nur eine Einheit hat

Ein Gebäude mit mehreren Nutzungseinheiten. Wie misst man korrekt, wenn es Einliegerwohnungen, getrennte Gebäudeteile oder unklare Übergänge gibt?
In solchen Fällen reicht eine Einzelmessung oft nicht aus. Denn: Luft macht keine Pause an der Trennwand. Ohne luftdichte Abgrenzung kann es zu Überströmungen kommen – das Ergebnis wird unbrauchbar.
Die Lösung heißt Schutzdruckmessung. Dabei werden:

• Blower-Door-Geräte auch in benachbarte Einheiten eingesetzt
• alle Geräte gleichzeitig betrieben
• in einer Einheit gemessen, während die anderen denselben Druck halten

So wird sichergestellt: Kein Luftaustausch zwischen den Einheiten, keine verfälschten Ergebnisse. Wann ist das sinnvoll? Zum Beispiel bei:

• Einliegerwohnungen oder Anbauten
• Umbauten mit offenen Übergängen
• Mehrfamilienhäusern mit mehreren Zugängen
• Gebäuden mit überraschend schlechten Messergebnissen ohne erkennbare Ursache

Schutzdruckmessungen brauchen Erfahrung, Technik und Vorbereitung. Aber sie sind oft der einzige Weg, um ein realistisches, normkonformes Ergebnis zu erzielen, vor allem in komplexen Sanierungsprojekten.

Videos und Artikel, die das Thema ergänzen:
Einliegerwohnung und Blower-Door-Test: Seit GEG komplizierter | 4
Haus mit Einliegerwohnung: Das sind die Varianten bei Blower-Door-Tests
Laubengänge und Blower-Door-Tests bei großen Gebäuden: Die 20 % Regelung ist falsch.

Schutzdruck erklärt: Blower-Door-Tests bei Leckagen und Sanierungen
Gerüche und Luftdichtheit: Wie Leckagen Probleme im Gebäude verursachen

Stichprobenmessung bei Laubengängen

Bei Gebäude mit Laubengangerschließung reicht theoretisch eine Stichprobenmessung. Klingt einfacher, spart Aufwand – aber der Teufel steckt im Detail.
Die Norm erlaubt Stichprobenmessungen nur, wenn alle dieser Bedingungen erfüllt sind:

• mindestens 12 Wohnungen, alle nur von außen erschlossen (kein Treppenhaus)
• mindestens 20 % der Hüllfläche werden gemessen
• je drei Wohnungen im obersten und untersten Geschoss
• alle Bauteilvarianten und Bauweisen werden berücksichtigt
• Sondernutzungen wie Praxen oder Büros müssen vollständig gemessen werden

In der Praxis: schwer umzusetzen. Besonders kritisch wird’s bei großen Gebäuden über 1500 m³. Dort zählt nur die nach außen gerichtete Fläche zur Hüllfläche. Eine Wohnung mit nur einer Außenwand ergibt dann ein fragwürdiges Messergebnis – obwohl sie eigentlich dicht ist.

Stichprobenmessungen funktionieren nur bei perfekten Voraussetzungen. In vielen Fällen ist es einfacher und verlässlicher, gleich mehrere Einheiten voll zu messen – oder Schutzdruck anzuwenden.

Checkliste, Beratung, Unterstützung

Damit die Messung nicht zum Risiko wird, bieten wir Energieberater:innen und Bauleitenden mehr als nur Technik:

• Vorab-Checklisten für Einfamilienhäuser, MFH, Hallen, Büros
• telefonische Beratung vor der Messung
• eine Liste, was laut Norm abgeklebt werden darf – und was nicht
• auf Wunsch: Baustellenbegehung vor Ort

Ein kurzer Abgleich spart oft Nerven und unnötige Wiederholungen. Schreib uns einfach: hallo@bionic3.de

Bilder und weitere Details im Fachartikel

Holger Merkels Beitrag „Do`s and dont’s bei einer Blower-Door-Messung“ erscheint in der Ausgabe 08/09 2025 der Fachzeitschrift Sanierungsvorsprung. Die gelayoutete Original-PDF kannst du hier im Blog kostenlos herunterladen, sobald sie erschienen ist.

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hallo@bionic3.de ☎ 07272-927385

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