Baustellen im Winter sind schwieriger als im Sommer: Feuchtigkeit und Kälte können Produkte und Baumaterialien in ihrer Funktion einschränken. Zudem wird die Konstruktion stark belastet, wenn bestimmte Bauabläufe nicht beachtet werden. In diesem Blogartikel und in der aktuellen Podcastfolge beschäftigen sich Zimmermeister Jan Bernhardt und Autor Holger Merkel mit Winterbaustellen. Sie listen viele erschreckende Beispiele aus der Praxis auf und erklären gleichzeitig, wie Bauschäden und Irritationen auf der Baustelle verhindert werden können.
Das lernst Du in dieser Episode und in diesem Blogartikel
- welche Herausforderungen bei einer Winterbaustelle bestehen
- wie ein Haus schon vor dem Einzug von Schimmel befallen sein kann
- wie Feuchtemengen auf Winterbaustellen auch ohne Regen und Schnee entstehen
- warum Baustellen ohne Fenster Vorteile haben können
Klebebänder, die nicht halten
Auf den ersten Blick wirkt es so, als würden die Klebebänder halten. Am nächsten Tag jedoch baumeln sie von der Folie herab. Im Winter können dies die Ursachsen sein:
- Feuchtigkeit auf dem angeschlossenen Bauteil, die nicht vorher weggewischt wurde
- starke Baufeuchte, die die Klebewirkung einschränkt
- der Primer, mit dem das Bauteil vorbehandelt werden muss, hält nicht bei Minustemperaturen
- Es ist zu kalt, für manche Materialien: beispielsweise funktioniert Butylkautschuk bei Minusgraden nicht
- unter 0 Grad funktionieren die meisten Klebemittel nicht mehr – die Klebemasse ist meist nicht mehr geschmeidig; manche Kleber und Kartuschen gehen auch bei Minusgraden kaputt.
Hier unser Tipp: Immer Verarbeitungshinweise lesen und mit der Hand überprüfen, ob sich Feuchtigkeit bereits auf den Oberflächen abgesetzt hat. Zudem immer lüften: Einfach nur das Kellerfenster kippen, reicht nicht aus.
Die Zusammenfassung per Text, Fotos, Grafiken und ausführlichen Shownotes mit Verlinkungen findest du auf unserem Blog https://luftdichtheit-geprueft.de, Wenn du Fragen zu Luftdichtung, Blower-Door-Tests oder diesen Podcast hast, freuen wir uns über Kommentare; du kannst uns natürlich auch direkt kontaktieren: Das Luftdichtheit-geprüft-Team hallo@bionic3.de | Tel: 07272-927385; Jochen Götz jg@bionic3.de; Holger Merkel hm@bionic3.de; Heide Merkel heide.merkel@besser-als-marketing.de | 07272/77 01 911 | https://www.besser-als-marketing.de
Schnelles Arbeiten kann schädlich sein
Die Dampfbremse aus dem Lkw geholt, hochgeschleppt und gleich fleißig verarbeitet: Leider kann dies im Winter problematisch sein. Beispielsweise, wenn die Luftdichtungsbahn in der Kälte war, Luftfeuchte kondensiert und die Bahn direkt, ohne zu trocknen, weiterverarbeitet wird. Mögliches Resultat: Klebebänder haften nicht richtig, die Feuchtigkeit wandert in die Konstruktion und auf der Dampfbremse bleibt die Feuchtigkeit stehen. Schimmel könnte eine Konsequenz sein.
Dachgeschoss im Winter
Fast alle Steildächer sind aus Holz. Holz nimmt Feuchtigkeit auf und hat die Eigenschaft, dass es die Feuchtigkeit auch wieder abgibt.
Im Winter empfiehlt Jan, dass erst Dämmung und Luftdichtung ausgeführt werden – also 100 % luftdicht mit allen Anschlüssen und Übergängen. Dann sollten erst die Nassarbeiten gemacht werden, z. B. Verlegung des Estrichs. Das bedeutet, dass hier die Gewerke klar kommunizieren müssen, wer wann kommen möchte.
Holger hingegen sagt, dass er auch bei dieser Reihenfolge schon Schimmel und Bauschäden gesehen hat, da auch wirklich alle Anschlüsse und Durchdringungen dicht sein müssen.
Schimmel durch Feuchtigkeit im Winter
Bunte Farben am Holz sind meist nicht schön, weil es oft bedeutet, dass verschiedene Pilze sprießen. Das kann im Neubau im Dachgeschoss in kurzer Zeit vorkommen, wenn die Luftfeuchte zu hoch ist. Holger und Jan beschreiben in der aktuellen Podcastfolge 36 Beispiele dazu.
Gebot Nummer 1 beim Bauen im Winter: Lass es trocknen.
Wenn ein Estrich verlegt wurde, dampft die Feuchtigkeit aus. Hier gilt: Am besten sollte die Dampfbremse bzw. luftdichte Ebene nicht kurz vorher verlegt worden sein. Vor allem, wenn diese aus OSB-Platten besteht. Besser: Erst Estrich trockenen lassen, dann OSB Platten einbauen. Holger beschreibt ab Minute 8 in der Podcastfolge ein Beispiel, das er live erlebt hat: verschimmelte OSB-Platten.
Am Freitag haben alle fleißig auf der Baustelle gearbeitet, den Estrich verlegt. Am Wochenende war es plötzlich sehr kalt, am Montag war alles verschimmelt.
Unsere Tipps, um Feuchtigkeit von der Baustelle auszuleiten oder zu verhindern
- täglich ausreichend Stoßlüften
- auch wenn die Baustelle unbewohnt ist, heizen
- Option der Bautrocknung in Erwägung ziehen
„Wenn ihr es nicht weggelüftet bekommt, dann müsst ihr für Bautrocknung sorgen.
Sonst geht es schief“
Holger Merkel, Autor und Blower-Door-Messdienstleister
Vorteile von Baustellen ohne Fenster: der Faktor Zeit
Früher war doch alles besser, oder? Nun, was Luftdichtheit anbelangt, nicht unbedingt, aber was Baufeuchte betrifft schon: Der Zeitdruck war nicht so groß, fast fertige Baustellen standen teilweise monatelang leer und konnten somit austrocknen. Manchmal wird dies auch in ländlichen Regionen noch praktiziert. Manche Häuser haben dann noch keine Fenster. Das ist perfekt, um möglichst viel Feuchtigkeit aus der Konstruktion zu leiten. Ganz früher gab es auch die Methode, dass ärmere Menschen in neue Häuser zum Trockenwohnen geschickt worden sind. Baufeuchte im Neubau ist inzwischen für alle selbstverständlich. Die Gerüche und Belastung in der Raumluft hinterfragt fast keiner mehr.
Zu dem Mythos, dass früher alles besser gewesen ist, haben wir in der Podcastfolge 11 gesprochen: „Luftdichtheit und Feuchteschäden an Gebäuden: War früher wirklich alles besser?“ und Holger hat dazu auch mehrere Fachartikel veröffentlicht. Eine Version findet ihr kostenfrei in unserem Blog:
Luftdichtheit und Feuchteschäden an Gebäuden: War früher alles besser (Fachartikel).
Kritik an feuchteadaptiven und feuchtevariablen Dampfbremsen und Materialien
Auf Winterbaustellen können feuchtevariable oder feuchteadaptive Dampfbremsen ihre Funktion verlieren. Wenn es sehr feucht und warm ist, öffnen sie sich und lassen Feuchtigkeit in die Konstruktion. Allerdings sind die Mengen in der Regel überschaubar. Schäden entstehen meist durch Konvektion.
Hier auch auf die Herstellerhinweise achten. Holger sagt, seine Erfahrung ist, dass er nur wenig Bauschäden mit feuchteadaptiven Materialien gesehen hat. Und wenn, dann waren Leckagen das Problem in der luftdichten Ebene. Holz übrigens ist auch feuchtevariabel.
Im Sommer ist es eigentlich feuchter – trotzdem ist Bauen im Winter herausfordernder für ein Gebäude
Feuchtigkeit im Winter belastet Mensch und Konstruktion auf der Baustelle mehr, obwohl im Sommer mehr Feuchtigkeit in der Luft ist. Die Gründe:
- warme Luft kann mehr Feuchtigkeit aufnehmen als kalte Luft
- mehr Feuchtigkeit dringt in die Konstruktion, weil es kälter ist und es nicht so schnell trockenen kann – vor allem bei Holz
- die Kälte und Feuchte beeinträchtigt Baumaterialien
Häufiger Fehler: Falscher Umgang mit Estrich
Der Estrich wird verlegt und die Handwerker kleben eine Notiz an die Bautür, dass die kommenden Tage und Wochen die Baustelle nicht gelüftet werden darf. Gleichzeitig haben sie die Heizung aufgedreht, die Fenster bleiben zu und auf einmal herrscht tropisches Klima im Gebäude. Die Fehler sind hier, dass nicht hinterfragt wird, wie lange der Estrich eigentlich nicht betreten werden darf (normalerweise maximal 2 Tage) bzw. ab wann gelüftet werden darf.
Erfahrungswert: Wenn das Gebäude 3 Tage lang feucht ist, werden Oberflächen angegriffen und es kommt zu Feuchteschäden wie Schimmel.
Die Anekdoten und Schreckensbeispiele in ausführlicher Form kannst du dir in der 20-minütigen Podcastfolge anhören oder anschauen.
Welche Erfahrungen hast du mit Baufeuchte und Bauen im Winter? Schreib uns an hallo@bionic3.de oder in die Kommentare. Wir freuen uns auf deine Rückmeldung.
Hierauf verweisen wir in der aktuellen Podcastfolge:
Wer ist schuld? Durchdringungschaos.
Luftdichtheitsnorm DIN 4108-7: praktische Hinweise, die die Planung vereinfachen
#12 Luftdichtheit: So sind 100 % möglich – Pfuschen ist keine Option mehr
Perfektes Material für die Luftdichtung: Das sagt die Luftdichtheitsnorm DIN 4108-7 | #19 Podcast
Mehr Beispiele auch im Fachbuch von bionic3 Luftdichtheit geprüft Kollegen Holger Merkel: Luftdichtheit von Gebäuden. Ratgeber für die Praxis. Hier kannst du es bestellen.
Fachbuch: Luftdichtheit von Gebäuden
Verarbeitungstipps und typische Fehler sind in ausführlicherer Form auch in Holgers neuem Buch nachzulesen und anzuschauen. Warum es das Buch gibt und was das Besondere daran ist, hört und seht ihr in unserer Spezial-Podcastfolge: Neu: Fachbuch Luftdichtheit von Gebäuden. Ratgeber für die Praxis
Shownotes – Links und Empfehlungen aus der Podcastfolge
„Luftdichtheit und Feuchteschäden an Gebäuden: War früher wirklich alles besser?“
Luftdichtheit und Feuchteschäden an Gebäuden: War früher alles besser (Fachartikel)
Diffusion vs. Konvektion: So könnt ihr euren Kunden die Begriffe einfach erklären.
Neu: Fachbuch Luftdichtheit von Gebäuden. Ratgeber für die Praxis
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