#14 Baunormen: veraltet oder praktisch für die Baustelle?

Ein Blick hinter die Kulissen von Normenausschüssen

Die einen schlafen dabei ein, die anderen lieben sie: In dieser Folge geht es um Baunormen. Wir sprechen über ihre Sinnhaftigkeit, dass sie manchmal verstaubt und unverständlich wirken. Wir diskutieren, nach welchen Richtlinien denn nun gebaut werden soll und auch was vor Gericht Stand hält: Empfehlungen der Hersteller, Baunormen oder die allgemein anerkannten Regeln der Technik.

Für diese Folge haben wir einen besonderen Gast, der bei vielen Normen bereits mitgewirkt hat und in vielen Normenausschüssen aktiv ist: Michael Förster, Leiter der pro clima Anwendungstechnik. Der Zimmerer und Bauingenieur gibt uns einen exklusiven Einblick, wie Normenausschüsse funktionieren, wie eine Baunorm entsteht und wieso es manchmal länger dauert.

Woher kommt das schlechte Image von Normen?
Normen sind häufig im Nominalstil formuliert und lesen sich sperrig. Da vergeht so manchem die Lust, sich damit zu befassen. Aber es gibt auch Normen, die sehr praxisorientiert sind, wie die Luftdichtheitsnorm 4108-7. Wer sie durchgearbeitet hat, kennt alle wichtigen Handlungsempfehlungen auf der Baustelle.

Die Abneigung gegen Normen ist nachvollziehbar, schließlich ist es Spezialistenwissen. Wer das Wissen gut aufbereitet haben möchte, findet Infos bei Herstellern wie pro clima oder in gut geschriebenen Fachartikeln.

„Die Luftdichtheitsnorm 4108-7 ist ein Nachschlagewerk für Menschen, die normalerweise nicht so gerne Normen lesen“

Bauingenieur und Zimmerer Michael Förster, Mitglied in nationalen und internationalen Normenausschüssen

Wieso dauert das so lange mit den Normen?
Manchmal dauert es Jahre, bis eine neue Norm in Kraft tritt. Das liegt daran, dass viele Interessen, Erfahrungen und Wünsche aufeinanderstoßen. Das Ziel einer Norm ist es, einen Mindestandard für gutes Bauen zu schaffen. Michael Förster erzählt im Podcast, wer alles beteiligt ist und wie eine Norm entsteht. Auch, dass Normen nicht in Stein gemeiselt sind und immer wieder aktualisiert werden – das kann jedoch auch Jahre dauern. „Die DIN lässt online abstimmen, ob eine Norm überarbeitet werden muss“, erzählt Michael Förster ab ca. Minute 5 in der aktuellen Folge.

Aus dem Leben eines Normenausschuss-Mitglieds
Wer glaubt, eine Norm wird nur in den Ausschüssen entwickelt, liegt falsch. Es gibt einige Arbeitsgruppen und es wird auch viel digital und zu Hause gearbeitet. Jedes Ausschussmitglied sollte auf dem aktuellen Stand der relevanten Baunormen sein, wissenschaftliche Inputs lesen und regelmäßig bei Sitzungen dabei sein. Michael Förster wirkt in vielen nationalen und internationalen Ausschüssen mit – einerseits ist er dadurch sehr beschäftigt, andererseits immer auf dem aktuellen Stand der Forschung, Handlungsempfehlungen und Entwicklungen im Baubereich. Es reicht nicht, sich nur mit den Normen zu beschäftigen, mit denen man direkt konfrontiert ist, sondern man muss auch andere Normen kennen. Schließlich hängen viele zusammen.
Wer einmal Mitglied ist, sollte auch regelmäßig bei den Ausschüssen dabei sein und auf keinen Fall unentschuldigt fehlen. Jeder unterschreibt eine Verschwiegenheitsvereinbarung- da die Ausschüsse recht groß sind, sickern dennoch immer wieder Informationen durch. Die Norm lebt vom Input der Menschen – je engagierter die Ausschussmitglieder sind, desto schneller kann beispielsweise eine Überarbeitung erfolgen. Es wird viel diskutiert und die Worte sind entscheidend. Damit ein Konsens entstehen kann, wird daher oft eine schwammige Formulierung gewählt.

Lieblingsnormen
Im Podcast sprechen wir auch kurz über Lieblingsnormen: Holgers Lieblingsnorm war bisher die DIN EN 13 289, künftig durch das GEG kommt die DIN EN ISO 9972 dazu. Er erzählt, dass Erfahrungen bei Blower-Door-Tests in die Überarbeitung der Luftdichtheitsnorm eingeflossen sind. Das ist die Lieblingsnorm von Michael.
Michael favorisiert die DIN 4108-7. Er sagt, es sei die anwendungsfreundlichste Norm.

Ich bin fasziniert, dass es die Klebenorm 4108-11 seit zwei Jahren gibt, aber kaum jemand davon weiß. Deswegen habe ich dazu auch Michael Förster für Bauradio interviewt. Das könnt ihr hier hören und schauen: 2 Jahre Klebenorm DIN 4108-11: Was hat’s Handwerkern und Planern gebracht?

Wer hat Recht? Die aktuell anerkannten Regeln der Technik oder die Norm?
Wenn eine Norm im Amtsblatt veröffentlicht wurde, dann hat sie einen sehr starken, bindenden Charakter. Sonst ist es eher eine Richtlinie. Meist sind die aktuellen Anwendungsempfehlungen der Hersteller auf einem neueren Stand und daher wird vor Gericht meist nach den aktuell anerkannten Regeln der Technik geurteilt.

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