Blower-Door-Messungen bei Wind oder starken Temperaturunterschieden: das ist die Königsdisziplin bei Luftdichtheitsmessungen. In der aktuellen Folge geben wir Tipps, wie Ihr auch bei extremen Wetterbedingungen normgerechte Blower-Door-Tests ausführen und abgeben könnt.
Die normativen Vorgaben
Es stürmt und es hat Minusgrade: Diese zwei Faktoren kombiniert, machen Blower-Door-Tests schwierig. Das stellen auch die Normen (DIN EN 13 829; DIN EN ISO 9972) fest. Sie sagen jedoch nicht, dass es unmöglich ist. So steht beispielsweise in der DIN EN 13829 in Paragraph 5 unter „Wetterbedingungen“ folgendes:
„Es ist unwahrscheinlich, dass eine zufriedenstellende natürliche Druckdifferenz erreicht wird, wenn das Produkt aus der Temperaturdifferenz zwischen innen und außen in K und der Höhe der Gebäudehülle in m größer ist als 500 m · K“
DIN EN 13829 in Paragraph 5
Ebenso, wenn die Windstärke 3 Beaufort bzw. 6 m/s übersteigt. Die neue Blower-Door-Messnorm, die durch das GEG in Kraft getreten ist, gibt als Richtwert 250 mK an. Wir haben dazu die Formel aufgeschrieben und ein Rechenbeispiel formuliert:
Der Temperaturunterschied wirkt sich auf die druckneutrale Zone aus, es entsteht ein Kamineffekt: Im oberen Bereich des Hauses entwickelt sich ein Überdruck. Dieser ist stärker, je mehr Leckagen vorhanden sind. Dieses Phänomen haben wir auch in Folge 11 (War früher alles besser – die nackte Wahrheit zu Luftdichtheit und Feuchteschäden an Gebäuden) diskutiert. Dort könnt ihr auch den Fachartikel dazu als PDF herunterladen: https://luftdichtheit-geprüft.de/podcast/podcast-11-frueher-alles-besser/
Laut DIN EN ISO 9972 ist es übrigens bereits kritisch, wenn 3 Beaufort erreicht sind.
Der entscheidende Faktor: die natürliche Druckdifferenz
Bei jedem normgerechten Blower-Door-Test muss die natürliche Druckdifferenz festgestellt werden – sowohl zu Beginn der Messung, als auch am Ende. Das bedeutet: Das Gebläse steht einfach da, ist mit der Haube abgedeckt und dreht sich nicht. Dabei darf die natürliche Druckdifferenz 5 Pascal nicht überschreiten.
Windstärke 3 ist die Grenze – wie gehen dann Blower-Door-Messungen im Norden?
Die Normen sagen auch, dass ab Windstärke 3 eine Messung schwierig wird bzw. ab ca. 6 Meter pro Sekunde.
„Schwierig ist, dass der Wind oft unstetig ist. Durch die Schwankungen der Windstärke ist der Druck auch nicht konstant“,
Bauingenieurin Stefanie Rolfsmeier, BlowerDoor GmbH
sagt die Blower-Door-Expertin Stefanie Rolfsmeier von der BlowerDoor GmbH. Da sie selbst auf Helgoland lebt und arbeitet, kennt sie die Herausforderungen von Blower-Door-Tests bei Wind.
Wir haben die Ingenieurin und BlowerDoor-Entwicklerin Stefanie Rolfsmeier auf Helgoland besucht und interviewt. In dem Kurzvideo geben Steffi und Holger Tipps zu Messungen bei Wind.
Wir wohnen in der Pfalz – der deutschen Toskana – daher sind stürmische Zeiten eher die Ausnahme. In Küstenregionen hingegen oder am Alpenrand ist es es öfter windig und herausfordernder für Blower-Door-Messdienstleister.
Es stürmt? Messungen vermeiden oder gut vorbereiten!
Holgers Tipp Nummer 1 bei Sturm und Wind: „Geht Segeln oder besucht eure Schwiegermutter.“ Denn jede Messung bei starkem Wind bedeutet mehr Aufwand.
Tipp Nummer 2 : „Euer bester Freund ist der Wetterbericht. Bereitet euch richtig auf eure Messungen vor. Wo ist der Wind? Wann kommt das Sturmtief? In welchem Zeitraum könnt Ihr ohne viel Wind messen?“
Tipp Nummer 3: Schaut, wo das Gebäude steht. Ist es ein Einfamilienhaus, Mehrfamilienhaus in einer Wohnsiedlung oder steht es alleine auf einem Hügel oder in einem Industriegebiet?
Es kam schon vor, dass Holger Reihenhäuser gemessen hat – alle Einheiten funktionieren, bis auf das Reihenendhaus – hier peitschte der Wind um die Ecke.
Auf einen Blick: Tipps für Messungen bei starkem Wind
1. Blower-Door-Test verschieben (spart Nerven)
2. Wetterbericht checken: Woher kommt der Wind? Wann kommt das Sturmtief?
3. Gebäudestandort recherchieren: steht es frei oder geschützt?
4. Geschützten Einbauort wählen
5. Bei Software mehr Messpunkte pro Druckstufe einstellen
6. Drehzahl anpassen
7. Software wechseln (z. B. auf Teclog )
Hier nochmal zurück zu Tipp Nummer 1: Falls möglich, verschiebt eure Blower-Door-Tests bei Wind. Oft reicht es auch, zwei Stunden zu warten, um dann entspannt ohne Wind zu messen. Wenn vorher klar ist, dass es die ganze Woche stürmt und der Übergabetermin es zulässt: Es ist immer besser, unter angenehmen Wetterbedingungen zu messen.
Messungen bei Wind möglich machen
- Einbauort der Blower-Door clever wählen
Auch wenn es stürmt, gibt es meistens Bereiche des Gebäudes, die nicht vom Wind durchgepeitscht werden. Beispielsweise wenn es eine U-förmige Architektur hat. Auch die Tür zur Tiefgarage ist meist geschützt. - 300 Messpunkte statt 100 Messpunkte pro Druckstufe: Grundeinstellung in der Software verändern.
Holger arbeitet vorwiegend mit der Minneapolis BlowerDoor. Hier kann er bei der Software Tectite einiges manuell verändern. Beispielsweise sind 100 Messpunkte pro Druckstufe eingestellt. Diese ändert er auf 300 bei windigen Messungen.
Der Vorteil: Er kann somit 300 kleine Messungen machen, genauer Messen, der Mittelwert wird über einen längeren Zeitraum ermittelt und gleicht sich aus. - Drehzahlanpassung: Die Regelgeschwindigkeit des Gebläses reduzieren
Bei Wind tut es Mensch und Maschine gut, wenn ab und zu etwas Ruhe reinkommt. Wenn ihr die Regelgeschwindigkeit des Gebläses heruntersetzt, muss es nicht die ganze Zeit auf die Druckveränderungen reagieren, das heißt die Druckstufen werden langsamer und ruhiger angesteuert. - Bei der Software Tectite auf Halbautomatik schalten
Hier kann der Blower-Door-Messdienstleister manuell die Druckstufen und Messpunkte aufnehmen, falls die Automatik die Messpunkte nicht findet. - Auf Software Teclog wechseln
Wer mit mehr als einem Gebläse misst, arbeitet bereits mit der Software Teclog. Diese hat den Vorteil, dass ein Datenlogger automatisch läuft. „Das ist die Killer Applikation bei Wind“, meint Holger. Er sagt, dass er damit viel mehr Einflussmöglichkeiten hat, vor allem, was die Auswertung der natürlichen Druckdifferenz bei Windböen betrifft. - Unterdruck- und Überdruckmessung
Steffi Rolfsmeier von der BlowerDoor GmbH empfiehl immer Unterdruck- und Überdruckmessungen zu machen. Wer nach DIN EN ISO 9972 misst, muss sowieso beide Messreihen abliefern.
Kennt ihr schon unsere Tabelle, die die wichtigsten Änderungen durch das GEG bei Blower-Door-Messungen zusammenfasst? Ihr könnt sie kostenfrei hier herunterladen: bionic3 Blog
Übersicht der Folge 15 von Luftdichtheit geprüft
00:00 Wind als Spaßverderber
02:22 schwierig, aber nicht verboten: BD-Tests bei Wind
03:32 Luftwirbel
05:52 Blower-Door-Fachfrau und Helgoland-Bewohnerin S. Rolfsmeier
06:00 Regionen und Blower-Door-Messungen
07:25 Achtung Wind: Das kann man tun
12:32 Messpunkte verändern
15:13 starke Temperaturunterschiede
16:46 Formel zu Temperaturunterschieden
18:57 Blower-Door-Tests im kalten Winter
21:00 Blower-Door-Messungen sind bei starkem Wind bis zu 40 % ungenau
Shownotes
Grafik: Druckneutrale Ebene von pro clima
4-Minuten Expertenwissen: Messungen bei Wind – mit Stefanie Rolfsmeier (BlowerDoor GmbH)
Gesetz zur Einsparung von Energie und zur Nutzung erneuerbarer Energien zur Wärme- und Kälteerzeugung in Gebäuden
DIN EN 13829:2001-02 Wärme-technisches Verhalten von Gebäuden – Bestimmung der Luftdurchlässigkeit von Gebäuden – Differenzdruckverfahren (ISO 9972:1996,modifiziert) (zurückgezogen)
DIN EN ISO 9972:2018-12 Wärme-technisches Verhalten von Gebäuden – Bestimmung der Luftdurchlässigkeit von Gebäuden –Differenzdruckverfahren (ISO 9972:2015)
Übersichtstabelle: EnEV – GEG. Die wichtigsten Änderungen bei den Blower-Door-Normen
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Blower-Door-Messungen, starker Wind und Temperaturunterschiede Hilfe, wenn es stürmt und eiskalt ist. So laufen Blower-Door-Tests bei schlechtem Wetter ab
Blower-Door-Messungen bei Sturm?! Ja, das ist möglich. Mehr dazu in der aktuellen Podcast-Folge von Blower-Door-Wissen
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